Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit (BfDI) hat am 1. Juni 2017 ein Positionspapier veröffentlicht, das datenschutzrechtliche Empfehlungen zum automatisierten und vernetzten Fahren ausspricht (vgl. https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Allgemein/DatenschutzrechtlicheEmpfehlungenVernetztesAuto.html?nn=5217154).
Die 13 Empfehlungen sind im Wesentlichen Umsetzungen der Datenschutzgrundverordnung für den Betrieb intelligenter Fahrzeuge. So darf die Datenverarbeitung im Fahrzeug und für datenbasierte Dienste nur im notwenigen Umfang auf personenbezogene Daten zugreifen (Empfehlung 3). Nach dem Grundsatz "Privacy by default" müssen datenschutzfreundliche Voreinstellungen etabliert werden (Empfehlung 9). Die Systeme müssen einen wirksamen Schutz vor Cyber-Angriffen bieten (Empfehlung 13). Die Empfehlungen gehen nicht ins Detail, sind aber hilfreiche Richtlinien bei der Gestaltung datenschutzkonformer IT-Systeme in intelligenten Fahrzeugen.
Die 13 Empfehlungen wurden anlässlich eines Symposiums zum Datenschutz im automatisierten und vernetzten Fahrzeug auf Einladung der BfDI veröffentlicht. In ihrer Eröffnungsrede wies die BfDI darauf hin, moderne Fahrzeuge würden bereits jetzt Daten zum Fahrverhalten und den zurückgelegten Wegen sammeln, aus denen sich Persönlichkeitsprofile erstellen ließen. Fahrer müssten daher die volle Hoheit über die Verwendung personalisierter Fahrzeugdaten haben. Über jede Datenverwendung müsse im Sinne einer vollständigen Transparenz unterrichtet werden (Näheres finden Sie unter https://www.bfdi.bund.de/DE/Infothek/Pressemitteilungen/2017/13_SymposiumAutomatisiertesFahren.html).
Die Fahrzeugindustrie, die nach dem Diesel-Abgasskandal viel Vertrauen verloren hat, versucht solches wiederzugewinnen.
BMW hat in einer Pressemitteilung vom 30. Mai 2017 erklärt, der „Schutz der Fahrzeugdaten gehöre zum Verständnis von Premium beim hochvernetzten Fahrzeug“ (vgl. unter https://www.press.bmwgroup.com/deutschland/article/detail/T0271366DE/bmw-group-startet-bmw-cardata:-neue-und-innovative-services-fuer-den-kunden-%E2%80%93-sicher-und-transparent?language=de). Kunden sollten die Möglichkeit erhalten zu entscheiden, was mit den Daten passiere. Das soll mit BMW CarData möglich sein. Fahrzeugdaten, wie der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch, würden verschlüsselt über eine im Fahrzeug eingebaute SIM-Karte an BMW-Server übertragen, von wo Service-Anbieter nach Einwilligung des Kunden diejenigen Daten verschlüsselt beziehen könnten, die sie für ihre Dienstleistungen benötigen. Per Mausklick könne der Fahrer Datenfreigaben erteilen, sie ablehnen oder bereits erteilte Freigaben entziehen. Der Fahrer könne auch jederzeit über ein Portal einen Report über weitergegebene Daten anfordern.
Die weitere Diskussion um durch Fahrzeuge bzw. in Fahrzeugen generierte Daten bleibt spannend.
Dr. Wolfhard Steinmetz
Consultant für Datenschutz
Im Rahmen der eSafety-Initiative der Europäischen Kommission zur Erhöhung der Straßenverkehrssicherheit durch Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (vgl. unter http://ec.europa.eu/information_society/doc/factsheets/048-esafety-de.pdf) soll die Ausstattung von Neufahrzeugen mit der eCall-Technologie verbindlich werden. Ein eCall ist ein vom PKW im Falle eines Unfalls automatisch oder manuell ausgehender Notruf an die Rufnummer 112. Die automatische Auslösung erfolgt über im Fahrzeug eingebaute Sensoren. Über das Mobilfunknetz werden Daten zum Unfall übermittelt und es wird eine Tonverbindung hergestellt (Art. 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 305/2013 der Kommission).
Ursprünglich sollte nach einem entsprechenden Beschluss der Europäischen Kommission die Verfügbarkeit dieser Technologie für Neuwagen ab Oktober 2015 verbindlich sein (vgl. unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-534_de.htm). Aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken kam es jedoch zu Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren. Nun sollen erst ab Ende März 2018 Neuwagenkäufer von dem System profitieren können.
Aus Sicht des Datenschutzes ist aber das Folgende zu beachten: Der automatisch im Falle eines Verkehrsunfalles übertragene Mininmaldatensatz (vgl. unter http://standards.globalspec.com/std/1383302/cen-en-15722) ist standardisiert und enthält unter anderem den Unfallzeitpunkt, die Koordinaten des Unfallortes, die Fahrtrichtung und die Fahrzeugidentifikationsnummer. Zu den damit einhergehenden datenschutzrechtlichen Gefährdungen hat sich bereits im Jahr 2014 die Süddeutsche Zeitung geäußert (vgl. unter http://www.sueddeutsche.de/auto/speicherung-von-bordcomputerdaten-der-spion-in-meinem-auto-1.1875596). Artikel 6 "Privatsphäre und Datenschutz" der Verordnung (EU) 2015/758 enthält bereichsspezifische datenschutzrechtliche Regelungen. Danach dürfen z.B. die erhobenen personenbezogenen Daten nur für die Handhabung von Notfallsituationen verwendet werden (vgl. unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32015R0758&from=DE). Die internen Speicher des eCall-Systems müssen automatisch und kontinuierlich gelöscht werden.
Es versteht sich von selbst, dass die über die eCall-Technologie erhobenen Daten auch für Versicherungen (zur Erstellung von Risikoprofilen) und für Drittanbieter (Angebot von kostenpflichtigen Diensten) sehr interessant sind. Daher bleibt abzuwarten, ob Lobbyisten den Erlass von Öffnungsklauseln durchsetzen können.
Dr. Wolfhard Steinmetz
Consultant für Datenschutz