Wohnungsmangel ist v.a. in vielen großen Städten Realität. Vermieter und ihre Immobilienmakler können daher unter einer Vielzahl von Interessenten auswählen, von denen sie eine Menge personenbezogener Daten bereits auch schon vor Besichtigungstermin anfordern (z.B. Namensangaben, Geburtsdatum, Kontaktdaten, Anschrift, Familienstand inkl. Namen und Geburtsdatum von Ehepartnern und Kindern, Kinderwunsch, Heiratsabsichten, Schwangerschaft, Angaben zum bestehenden Arbeitsverhältnis wie Dauer (Eintrittsdatum, befristet/unbefristet), Art der Beschäftigung, Angaben zum Arbeitgeber, betriebliche Anschrift etc.), u.a. auch sensible Daten, wie Personalausweisdaten, -kopien, -scans, Vorstrafen sowie Angaben zu Vermögensverhältnissen (z.B. Lohn- und Gehaltsnachweise, Schufa-Auskunft, Angaben zu vorherigen Vermietern, Mietschuldenfreiheitsbescheinigung, Unterhaltsverpflichtungen, Insolvenzverfahren, Räumungsklagen).
Abgesehen vom Grundsatz der Datenminimierung werden dabei auch datensicherheitstechnische Vorgaben zum Schutz dieser vielen Daten in erheblichem Umfang missachtet.
Doch was dürfen Vermieter und ihre Immobilienmakler wirklich an Daten erheben?
Die Aufsichtsbehörden haben eine Orientierungshilfe hierzu herausgegeben (Stand 30.01.2018):
Zur Durchführung eines Besichtigungstermins dürfen Vermieter und ihre Immobilienmakler allenfalls
- Namensangaben
- Kontaktadresse
erheben, um den Zeitpunkt der Wohnungsbesichtigung mitzuteilen.
Die Rechtsgrundlage ist Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO.
Teilt bei oder nach dem Besichtigungstermin ein Mietinteressent mit, dass er die Wohnung anmieten möchte, dürfen weitere Daten erhoben werden:
- Anzahl der einziehenden Personen
- Namensangaben der einziehenden Personen nur, wenn diese ebenso Vertragspartei des Mietvertrages werden
- Angaben zu Vermögensverhältnissen: Beschränkung auf Angaben zu einem laufenden Verbraucherinsolvenzverfahren oder zu Räumungsklagen wegen Mietzinsrückständen innerhalb der letzten 5 Jahre
- Angaben zum Beruf: Funktion, Job-Titel; nach der Dauer darf nicht gefragt werden
- Höhe des Netto-Einkommens: Beschränkung auf Betragsgrenzen
Die Rechtsgrundlage ist Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO.
Hat der Vermieter seine Wahl aufgrund der oben angegebenen Daten auf einige wenige Mietinteressenten eingegrenzt, dürfen weitere Daten erhoben werden:
- Lohn- und Gehaltsnachweise, geschwärzt um die nicht erforderlichen Angaben, wie bspw. Religionszugehörigkeit etc.
- Selbstauskunft zur Bonität: Beschränkt auf einen Nachweis eigens für den spezifischen Fall der Eingehung eines Mietverhältnisses; der Abschluss des Mietvertrags darf zudem nur noch vom positiven Ergebnis dieser Bonitätsprüfung abhängen.
- Angaben können durch die Vorlage des Personalausweises überprüft werden; die Anfertigung von Personalausweis-Kopien/-Scans ist jedoch unzulässig.
Die Rechtsgrundlage ist Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO.
Die Erhebung weiterer als der eben genannten Daten aufgrund einer Einwilligung des Mietinteressenten gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO ist dem Vermieter / Immobilienmakler nicht möglich. Aufgrund des klaren Ungleichgewichts zwischen Vermieter und Mietinteressent, würde der Mietinteressent die Einwilligung nicht freiwillig abgeben, sondern aus einer Zwangslage heraus. Und eine solche Einwilligung ist nicht wirksam und die darauf basierende Datenverarbeitung wäre unzulässig.
S. Kieselmann
Beraterin für Datenschutz
Dipl.sc.pol.Univ.
Die Klingelschild-Debatte wurde losgetreten durch die Beschwerde eines Mieters bei einer Wohnungsbaugesellschaft in Österreich und griff dann sogleich auf Deutschland über.Unter großer medialer Aufmerksamkeit wurde angenommen, dass die Namen auf den Klingelschildern nun überall entfernt werden müssen, da die damit verbundene Datenverarbeitung nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) unzulässig sei.
Aufsichtsbehörden und Fachliteratur haben sich zu Recht verwundert gezeigt, über die plötzlich aufkommende Diskussion, die mehr von „Panikmache“ und weniger von „fachliche[r] Auseinandersetzung“ (Engelhardt/Riess: Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit des Klingelschilds, in: ZD-Aktuell 2018, 06349) bestimmt wurde.
Auf Klingelschildern am Hauseingang stehen üblicherweise die (Nach-) Namen der Mieter und sind für jeden einsehbar, der vor dem Haus steht oder daran vorbeigeht. Namensangaben und Wohnungsanschrift sind auch definitiv personenbezogene Daten.
Die Frage ist nun, wie diese Datenverarbeitung nach der DSGVO zu bewerten ist:
Bringt der Mieter seinen Namen auf dem Klingelschild selbst an, fällt diese Datenverarbeitung schon nicht unter die DSGVO. Als betroffene natürliche Person darf der Mieter mit seinen personenbezogenen Daten machen, was er möchte. Auf jeden Fall aber unterliegt diese Datenverarbeitung dem ausschließlich persönlichen oder familiären Bereich, so dass die DSGVO schon gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO nicht gilt.
Werden die Klingelschilder jedoch vom Vermieter angebracht, ist der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet. Der Vermieter (bzw. die Hausverwaltung) ist Verantwortlicher i.S.v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO, da die Datenverarbeitung zu geschäftlichen Zwecken vorgenommen wird.
Einige Aufsichtsbehörden nehmen an, dass auch in diesem Fall der Anwendungsbereich der DSGVO wegen Art 2 Abs. 1 DSGVO nicht eröffnet ist, da „das Ausstatten der Klingelschilder mit Namen für sich genommen (…) weder eine automatisierte Verarbeitung noch eine tatsächliche oder beabsichtigte Speicherung in Dateisystemen dar[stellt].“
Die Aufsichtsbehörden in Sachsen und Schleswig-Holstein teilen diese Auffassung zwar nicht. Die Datenverarbeitung ist aber dennoch zulässig nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) oder f) DSGVO: Entweder weil der zwischen Mieter und Vermieter abgeschlossene Mietvertrag eine solche Datenverarbeitung erforderlich macht. Hier kommt es auf die konkrete Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses an. In jedem Fall haben aber Vermieter oder Dritte (Postdienstleister, Lieferanten, Rettungsdienst etc.) ein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung (hierzu auch ausführlich: Engelhardt/Riess: Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit des Klingelschilds, in: ZD-Aktuell 2018, 06349).
Sofern die Datenverarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO gestützt wird, hat der Mieter selbstverständlich auch das Recht, der Anbringung seines Namens auf dem Klingelschild zu widersprechen gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO. Allerdings steht dem Mieter dieses Recht nur zu, sofern sich aus seiner besonderen persönlichen Situation schutzwürdige Interessen am Ausschluss der Datenverarbeitung ergeben, bspw. wenn er gefährdet ist aufgrund seiner Prominenz, Opfer von Stalking ist oder sich im Zeugenschutzprogramm befindet.
Die Aufsichtsbehörden führen an, man hätte sich vorab bei ihnen „nach der Rechtslage erkundigen“ sollen, anstatt mit haltlosen Behauptungen die DSGVO „als ‚weltfremdes europäisches Recht‘ [zu] diskreditieren“.
S. Kieselmann
Beraterin für Datenschutz
Dipl.sc.pol.Univ.