Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen hat der notebooksbilliger.de AG ein Bußgeld in Höhe von 10,4 Millionen Euro wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auferlegt.
Das Unternehmen hat seine Beschäftigten über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren per Video überwacht, wobei die Kameras u.a. Lager, Verkaufsräume, Arbeitsplätze und Aufenthaltsbereiche erfassten. Eine Rechtsgrundlage für diese Überwachung gab es nicht.
Ziel der Videoüberwachung sei laut dem Unternehmen die Verhinderung und Aufklärung von Straftaten sowie eine Nachverfolgung des Warenflusses in den Lagern gewesen. Eine Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten kann jedoch nur rechtmäßig sein, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass eine konkrete Person eine Straftat begangen hat. Ein Generalverdacht reicht nicht aus. Ferner ist bei einem begründeten Verdacht nur eine zeitlich begrenzte Überwachung angezeigt. Die Videoüberwachung bei notebooksbilliger.de war jedoch weder auf einen bestimmten Zeitraum noch auf konkrete Personen beschränkt. Die Aufzeichnungen wurden zudem teilweise 60 Tage gespeichert und damit laut LfD Niedersachsen deutlich länger als erforderlich. In der Regel sind die Daten innerhalb von 2 bis 3 Tagen (max. 72 Stunden) nach Erhebung zu löschen, da es zumutbar ist, in diesem Zeitraum zu klären, ob eine Sicherung des Materials notwendig ist.
Einige Kameras waren auch auf Sitzgelegenheiten im Verkaufsraum gerichtet, sodass von der unzulässigen Videoüberwachung neben den Beschäftigten auch Kunden und Kundinnen des Unternehmens betroffen waren. Die Landesbeauftragte führte aus, dass die betroffenen Personen in Bereichen, in denen sich Menschen typischerweise länger aufhalten, z.B. um die angebotenen Geräte ausgiebig zu testen, hohe schutzwürdige Interessen haben. Dies gelte besonders für Sitzbereiche, die offensichtlich zum längeren Verweilen einladen sollen.
Sie betonte außerdem, dass es sich hierbei um einen schwerwiegenden Fall der Videoüberwachung im Betrieb handele und Unternehmen verstehen müssen, dass sie damit massiv gegen die Rechte ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verstoßen.
Bei dem Bußgeld in Höhe von 10,4 Millionen handelt es sich um das bisher höchste Bußgeld, das Niedersachsen seit Inkrafttreten der DSGVO ausgesprochen hat. Der Bußgeldbescheid ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da notebooksbilliger.de hiergegen Einspruch eingelegt hat.
Nach der Verhängung des bisher höchsten Bußgeldes in Deutschland in Höhe von 35,3 Millionen Euro im letzten Jahr, zeichnet sich auch durch diese Entscheidung der LfD Niedersachsen ab, dass die Aufsichtsbehörden ihr Vorgehen bei Datenschutzverstößen verschärfen. Prüfen Sie daher auch in Ihrem Unternehmen sorgfältig, ob Sie die Vorgaben der DSGVO einhalten.
Julia Eisenacher
Juristin (Univ.)
Consultant für Datenschutz
Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat eine neue Auflage des Ratgebers für Beschäftigtendatenschutz veröffentlicht.
Auf 51 Seiten werden seitens der Aufsichtsbehörde den Unternehmen umfangreiche Informationen zum Datenschutz sowie praktische Tipps in konkreten Fällen kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Inhalt
Schon in der Einleitung über die Entstehungsgeschichte des Arbeitnehmerdatenschutzes finden sich farblich hervorgehobene Praxistipps, welche sich bei der Betrachtung der relevanten Regelungen der DSGVO und des BDSG fortsetzen. Nach Erläuterung der allgemeinen Datenschutzrechtlichen Grundlagen unter Hervorhebung der Informationspflichten werden sodann anhand von 13 verschiedenen, praxisorientierten Fällen häufig vorkommende Fallkonstellationen beispielhaft dargestellt und Lösungswegen sowie die Empfehlungen der Behörde erläutert.
Dabei wird auf den empfehlenswerten Abschluss von Betriebsvereinbarungen ebenso hingewiesen, wie auf die Tatsache, dass aufgrund der notwendigen Freiwilligkeit und ihrer jederzeitigen Widerrufbarkeit auf Einwilligungen im Beschäftigungsverhältnis nach Möglichkeit verzichtet werden sollte.
Im Rahmen der Vertragsanbahnung mit Bewerbern wird der Umgang mit Bewerberdaten und Background-Checks werden ebenso thematisiert wie die Beantwortung der Anfragen der Bundesnetzagentur. Bei den bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnissen kommt nicht nur der Einsatz von GPS-Trackern in Dienstfahrzeugen und der konzerninterne Datenaustausch zur Sprache. Auch Videoüberwachung und Beschäftigtenumfragen sowie die private Nutzung von beruflichen E-Mail-Accounts stehen im Fokus.
Am Ende des Ratgebers wird noch auf die notwendige Datenlöschung verwiesen.
Die immer wieder eingestreuten Praxis- und DSGVO-Tipps weisen auf häufig vorkommende Schwachstellen im Umgang mit dem Datenschutz hin, die wir so aus unserer täglichen Erfahrung bestätigen können. In der einen oder anderen Form erkennen wir in jedem Fall die Fragen, die uns von den Personalverantwortlichen in den Unternehmen gestellt werden, wieder. Insgesamt handelt es sich bei dem Dokument um einen lesenswerten und informativen Ratgeber, der insbesondere den Personalverantwortlichen in den Unternehmen empfohlen werden kann.
Céline Lürmann
Rechtsanwältin
Consultant für Datenschutz
Die Verarbeitung personenbezogener Daten kann nur auf die Einwilligung der betroffenen Person gestützt werden (Art. 6 Abs. 1 lit. a), Art. 7 DSGVO), wenn diese wirksam erteilt worden ist:
- Die betroffene Person muss ihre Einwilligung ausdrücklich erklären, durch ihre Unterschrift oder zumindest durch eine unmissverständliche Handlung.
- Die betroffene Person muss vor Abgabe ihrer Einwilligung ausreichend über die geplante Datenverarbeitung informiert worden sein (-> Transparenz, Informationspflichten aus Art. 13 DSGVO).
- Die betroffene Person muss vor Abgabe ihrer Einwilligung über ihr Widerrufsrecht in Kenntnis gesetzt worden sein (Art. 7 Abs. 3 DSGVO).
- Die betroffene Person muss ihre Einwilligung freiwillig (d.h. ohne jeglichen Zwang) erteilt haben.
- Der Verantwortliche muss beweisen können, dass die Einwilligung vorliegt (-> schriftlich, elektronisch, Archivierung).
Gerne verweisen wir auf unseren Blogbeitrag vom 15.11.2016.
Da jedoch im wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zwischen Beschäftigtem und Arbeitgeber gerade das Kriterium der Freiwilligkeit oftmals nur unzureichend erfüllt ist, trifft § 26 Abs. 2 BDSG-Neu zusätzliche Regelungen, unter welchen Umständen Beschäftigte in die Verarbeitung ihrer Daten durch den Arbeitgeber wirksam einwilligen können:
- Durch die Einwilligung muss der Beschäftigte einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil erreichen oder zumindest müssen Arbeitgeber und Beschäftigter damit gleichgelagerte Interessen verfolgen.
- Dem Beschäftigten dürfen keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen oder sonstigen Nachteile für sein bestehendes Arbeitsverhältnis drohen, wenn er seine Einwilligung nicht erteilt oder die Einwilligung widerruft.
- Die Einwilligung muss grundsätzlich in Schriftform erteilt werden.
S. Kieselmann
Beraterin für Datenschutz
Dipl.sc.pol.Univ.
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte, im Folgenden ‚Gerichtshof‘ genannt, hat im Fall einer Kündigung eines Arbeitnehmers entschieden, dass die der Kündigung vorangegangene Aufzeichnung von dessen Online-Aktivitäten zu stark in sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (MRK) eingreife. Damit seien weder die Überwachung noch die Kündigung auf Basis der mit der Überwachung erhobenen Daten rechtens gewesen.
Der Arbeitnehmer war Angestellter in einem Unternehmen mit Sitz in Rumänien; dieses hatte den Mitarbeitern untersagt, die betrieblichen Arbeitsmittel und elektronischen Kommunikationsmedien für private Zwecke zu nutzen. Über einen Messenger-Dienst, der ausschließlich der Geschäftskorrespondenz diente, kommunizierte der Arbeitnehmer dennoch mit seinem Bruder und seiner Verlobten. Dabei wurden nicht nur die Verbindungsdaten, sondern ebenso die vollständigen Kommunikationsinhalte und damit sehr intime Gesprächsverläufe durch den Arbeitgeber aufgezeichnet. Auf Grundlage dieser Beweise für die Privatnutzung wurde dem Arbeitnehmer die Kündigung ausgesprochen.
Nachdem der Arbeitnehmer vor zwei nationalen Instanzen mit der Klage gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber scheiterte, reichte der Arbeitnehmer Klage wegen Verletzung seines Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens beim Gerichtshof ein.
Der Gerichtshof rügte in seinem Urteil, dass die Vorinstanzen in ihren Urteilen nicht ausreichend berücksichtigt hätten, inwiefern der Arbeitnehmer im Vorhinein über die Überwachungsmaßnahmen, die Art und Weise sowie den Umfang der Überwachung informiert worden war und inwieweit diese Überwachung unverhältnismäßig in das Privatleben des Arbeitnehmers eingegriffen hätte. Denn nach Feststellung des Gerichtshofs war die Überwachung unzulässig, so dass die dabei erhobenen Daten schon nicht zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hätten verarbeitet werden dürfen.
In seinem Urteil hat der Gerichtshof zugleich sechs Punkte festgelegt, welche zur Beurteilung der Zulässigkeit der Beschäftigtenüberwachung und der damit verbundenen Datenverarbeitung herangezogen werden sollen: Ausreichende Informierung der betroffenen Person (Transparenz), Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, insbesondere ob ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht, Einschränkung der Datenverarbeitung auf das erforderliche Maß (Datenminimierung), Zweckbindung und Verhältnismäßigkeit der Datenverarbeitung sowie Wahrung der Vertraulichkeit durch Schutzmaßnahmen, die den potenziellen Bedrohungen für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Person bei einer solchen Überwachung Rechnung tragen.
Der Gerichtshof hat damit klargestellt, dass der Arbeitgeber sich auch bei der Überprüfung der Einhaltung des Privatnutzungsverbots an die Datenschutzprinzipien halten muss, so dass auch hier eine Datenverarbeitung, die zu einer anlass- und lückenlosen Beschäftigtenkontrolle führt, nicht zulässig ist.
Lisa Benjowski
Informationsjuristin (LL.B.), Consultant für Datenschutz
Die technischen Möglichkeiten, miteinander zu kommunizieren, ohne dabei im gleichen Raum oder sogar im gleichen Land zu sein, nehmen in der heutigen Zeit immer stärker zu. Dabei ist die Videotelefonie eine jener Methoden, welche eine schnelle und dennoch auch persönliche Kommunikation ermöglichen.
Diese Möglichkeit nutzen Unternehmen bereits in vielen Bereichen. Insbesondere werden zunehmend Bewerbungsgespräche über den Online-Dienst Skype abgehalten, anstatt den potentiellen Kandidaten vor Ort zu empfangen. Dies erspart Arbeitgeber und Bewerbern Zeit und Kosten.
Zum Einsatz von Skype im Bewerberauswahlverfahren hat sich die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in ihrem aktuellen Jahresbericht geäußert. So werden bei einem Bewerbungsgespräch über den Online-Dienst Skype nicht nur die für die Entscheidung über die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlichen personenbezogenen Daten verarbeitet, sondern darüber hinaus sowohl Bild- als auch Tonaufnahmen erhoben und etwaige Chatprotokolle sowie sonstige Nutzungsdaten für 90 Tage gespeichert. Gleichzeitig werden die Daten an die Microsoft Corporation und damit an einen Dritten übermittelt, womit ebenso eine Datenübermittlung in Drittstaaten verbunden ist. Die dabei notwendigen Einwilligungen der Bewerber für eine solche Datenverarbeitung lassen sich auch nicht wirksam einholen, da das Kriterium der Freiwilligkeit nur unzureichend erfüllt sei. Daher wird vom Einsatz des Online-Dienstes Skype abgeraten.
Leider wird dabei von der Aufsichtsbehörde unberücksichtigt gelassen, ob und wenn ja, welche Änderungen sich in dieser Bewertung ergäben, wenn Skype for Business eingesetzt und die Microsoft Corporation als Auftragsverarbeiter des Arbeitgebers tätig wird, ob durch deren Privacy Shield-Zertifizierung die Rechte der betroffenen Personen nicht doch ausreichend gewahrt und diese hinreichend informiert würden und unter welchen Voraussetzungen eine Einwilligung der Bewerber dennoch wirksam eingeholt werden könnte.
Lisa Benjowski
Informationsjuristin (LL.B.), Consultant für Datenschutz
Am 22.08.2017 hatten wir über die bekannt gewordene Datenschutzverletzung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) berichtet.
Mittlerweile hat die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in einer Prüfaktion bei der BVG herausgefunden, dass dem leitenden Angestellten Zugangsrechte für ein Laufwerk eingerichtet wurden, das nicht nur vom Personalrat, sondern ebenso von der Schwerbehindertenvertretung sowie der Frauenbeauftragten genutzt wird, und auf welchem sich auch Dateien befanden, die besondere Kategorien personenbezogener Daten enthielten. Der Führungskraft waren damit Zugriffe auf die dort liegenden Unterlagen möglich, wobei mindestens ein Dokument auch „geöffnet, angesehen und ausgedruckt“ worden sein soll (die Pressemitteilung ist abrufbar unter https://datenschutz-berlin.de/content/nachrichten/pressemitteilungen).
Die Aufsichtsbehörde stellte des Weiteren fest, dass nicht nur ein unbeabsichtigter Fehler der IT-Abteilung bei der Einrichtung der Berechtigungen, sondern „erhebliche Mängel in der Datenschutzorganisation“ zu der Datenschutzverletzung geführt hätten. Neben mangelnder Maßnahmen zur Trennungskontrolle, gebe es keinen ausreichend definierten Prozess, nach welchem Berechtigungen dokumentiert vergeben werden. Auch die zum Zwecke der Datenschutzkontrolle notwendigen Protokollierungen, um Zugänge zum Laufwerk sowie Zugriffe auf die dort enthaltenen Dateien aufzuzeichnen, wurden nicht vorgenommen. Zudem sei die BVG auch ihren Melde- und Benachrichtigungspflichten nach Bekanntwerden der Datenschutzverletzung nicht unverzüglich nachgekommen.
Richtigerweise betont die Aufsichtsbehörde in ihrer Pressemitteilung, dass die BVG kein Einzelfall sei, sondern viele Unternehmen immer noch zu wenig für den Schutz personenbezogener Daten, für die sie verantwortlich sind, täten. Diese sollten sich bewusst sein, dass ab dem 25.05.2018 hierfür Bußgelder in Höhe von bis zu 10.000.000 Euro oder 2 % des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres verhängt werden können.
S. Kieselmann
Beraterin für Datenschutz
Dipl.sc.pol.Univ.
Am Freitag der vergangenen Woche hat die Gewerkschaft Verdi den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) vorgeworfen, sich Dateien der Personalvertretung nicht nur zugänglich gemacht, sondern diese dann auch genutzt zu haben.
Einem leitenden Angestellten sollen Zugangsrechte für Laufwerke eingerichtet worden sein, die von den Personalräten für ihre Aufgaben genutzt werden und auf welchen zahlreiche Dokumente, u.a. mit sensiblen Beschäftigtendaten, zu finden gewesen sind.
Die Pressestelle der BVG dementiert eine vorsätzliche Handlung; es soll sich vielmehr um einen unbeabsichtigten Fehler der IT-Abteilung bei der Einrichtung der Berechtigungen gehandelt haben. Dieser Fehler wurde 14 Tage später bekannt, woraufhin die Zugangsrechte umgehend wieder entzogen wurden. Einsicht sei in die dort gespeicherten Dateien nicht genommen worden.
Dieser Darstellung des Vorfalls als einen bloßen IT-Fehler, folgt Verdi nicht. Im Gegenteil, es wird von der Gewerkschaft sogar die Erstattung einer Strafanzeige gegen die BVG geprüft.
Zumindest kann man hier wohl eine Datenschutzverletzung i.S.v. Art. 4 Nr. 12 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) annehmen, da personenbezogene Daten unbefugt offengelegt wurden; hierbei ist es unerheblich, ob dies fahrlässig oder vorsätzlich geschah oder ob der leitende Angestellte, dem die Daten angeblich offengelegt wurden, tatsächlich Einsicht genommen hat oder nicht. Daher bedarf es auf jeden Fall der Verbesserung der Datensicherheit, damit ein solcher Vorfall sich nicht wiederholt.
Sofern es sich tatsächlich um eine absichtliche Zugangs- und Zugriffsbeschaffung durch die BVG handelt, wäre dies allerdings eine schwerwiegende Datenschutzverletzung.
Lisa Benjowski
Informationsjuristin (LL.B.), Consultant für Datenschutz
Das heutige Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 27. Juli 2017, 2 AZR 681/16) befasste sich mit der Frage, ob personenbezogene Daten, die mittels Überwachungssoftware auf einem Arbeitsplatz-Rechner erhoben wurden, auch zur Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden dürfen.
Über einen Software-Keylogger, der auf dem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten PC eines Mitarbeiters installiert wurde, wurden die Tastatureingaben des Mitarbeiters protokolliert sowie in regelmäßigen Abständen Screenshots vom Bildschirm angefertigt. Diese Maßnahme des Arbeitgebers erfolgte wohl heimlich oder zumindest gab der Arbeitgeber einen anderen Zweck für eine solche Datenverarbeitung an.
Anschließend wurden die Daten jedoch zum Zwecke der Verhaltenskontrolle des Mitarbeiters verwendet und das dadurch aufgedeckte Fehlverhalten des Mitarbeiters als Anlass zur Kündigung genommen.
Zwar besteht grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, die Begehung von Vertragsverletzungen zu seinen Lasten oder gar Straftaten durch den Mitarbeiter im Arbeitsverhältnis aufzudecken. Nach Sicht des Bundesarbeitsgerichts hatte der Arbeitgeber jedoch vor Einsatz der Überwachungssoftware keinen „auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung“ (Pressemitteilung Nr. 31/17 des Bundesarbeitsgerichts). Das Bundesarbeitsgericht hat daher bereits die mit dieser anlass- und lückenlosen Überwachung einhergehende Datenerhebung als unzulässig erachtet, da dies gegen das Datenschutzprinzip der Verhältnismäßigkeit verstoße.
Somit dürfen die in unzulässiger Weise erhobenen Daten nicht zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden. Und ohne die Daten lässt sich die Kündigung des Mitarbeiters nicht rechtfertigen.
S. Kieselmann
Beraterin für Datenschutz
Dipl.sc.pol.Univ.
Art. 88 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, spezifischere Vorschriften zum Schutz der Beschäftigten bei Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch den Arbeitgeber zu erlassen.
Dabei müssen mindestens die folgenden Bereiche geregelt werden, damit durch die damit verbundene Datenverarbeitung die Grundrechte und schutzwürdige Interessen der Beschäftigten gewahrt bleiben:
- Datenübermittlungen innerhalb einer Unternehmensgruppe
- Überwachungssysteme am Arbeitsplatz
Die Vorschriften müssen zudem für die Beschäftigten verständlich und in leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache verfasst sein und Vorgaben enthalten, dass der Arbeitgeber seinen Informationspflichten gegenüber den Beschäftigten nachzukommen und die Verarbeitungsprozesse transparent zu machen hat. Die Beschäftigten müssen nachvollziehen können, ob, von wem und zu welchen Zwecken ihre Daten verarbeitet werden.
Derzeit sieht ein entsprechender Gesetzesentwurf die Regelung des Beschäftigtendatenschutzes in Deutschland mit folgenden Neuerungen vor:
- An die Wirksamkeit von Einwilligungen der Beschäftigten in die Verarbeitung ihrer Daten werden strengere Anforderungen gestellt.
- Die Datenverarbeitung ist auch auf Grundlage von Kollektivvereinbarungen (d.h. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gemäß Erwägungsgrund 155 DSGVO) oder zur Erfüllung der Rechte und Pflichten der Interessenvertretungen der Beschäftigten zulässig.
- Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten (z.B. Gesundheitsdaten) soll zudem zulässig sein, wenn dies zur Erfüllung von Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist.
- Leiharbeiter werden als Beschäftigte des entleihenden Unternehmens definiert.
Die weiteren Anforderungen aus Art. 88 DSGVO wurden dabei jedoch nicht berücksichtigt. So sind beispielsweise keine Regelungen hinsichtlich der Datenverarbeitung innerhalb eines Konzerns, zum Schutz des Eigentums des Arbeitgebers oder zur Aufdeckung von Pflichtverletzungen, die noch keine Straftaten darstellen, aber zur Kündigung des Mitarbeiters durch den Arbeitgeber berechtigen, enthalten.
S. Kieselmann
Beraterin für Datenschutz
Dipl.sc.pol.Univ.