Nachdem Großbritannien die EU zum 31.01.2020 verlassen hat und die anschließende Übergangsphase zum 31.12.2020 endete, wurden Unternehmen erneut vor die Frage des richtigen Umgangs beim Datentransfer mit Großbritannien gestellt.
Situation ab 01.01.2021
Am 24.12.2020 hat Großbritannien mit der EU das EU- UK Handels- und Kooperationsabkommen vereinbart (Zustimmung des Europaparlaments noch ausständig), worin eine neue Übergangsphase vereinbart wurde.
Das Abkommen besagt, dass unter den derzeitig geltenden Datenschutzregelungen Großbritanniens Datenübermittlungen zwischen Großbritannien und EU- Mitgliedsstaaten nicht als Datenübermittlungen in Drittstaaten angesehen werden.
Das bedeutet für Unternehmen mit Sitz innerhalb der EU, dass für die Datenübermittlung mit Großbritannien keine zusätzlichen Vereinbarungen geschlossen werden müssen. Es kann vorerst so verfahren werden wie bei Datentransfers innerhalb der EU.
Das Abkommen gilt zunächst für 4 Monate ab in Kraft treten und kann automatisch um zwei weitere Monate verlängert werden, wenn seitens der Vertragsparteien keine Einwände bestehen.
Situation nach Ablauf des Abkommens
Nach Ablauf des Abkommens ist Großbritannien dann aus datenschutzrechtlicher Sicht ein Drittstaat, für den die besonderen Regelungen der Art. 44 bis 49 DSGVO gelten. Um weiterhin unproblematisch den Datenaustausch zwischen den Partnern zu gewährleisten wäre es wünschenswert, wenn Großbritannien ebenso als „Drittland mit angemessenem Schutzniveau“ eingestuft würde wie etwa die Schweiz. Bis zum Ende der Übergangsfrist sollte die EU-Kommission über einen Angemessenheitsbeschluss gem. Art. 45 DSGVO entscheiden.
Sofern es bis zum Ablauf der Übergangsfrist noch keinen Angemessenheitsbeschluss für Großbritannien geben sollte, müssen Datentransfers entsprechend abgesichert werden (Bsp. Standarddatenschutzklausel, Binding Corporate Rules).
Fazit
Zunächst müssen aus datenschutzrechtlicher Sicht keine unmittelbaren Maßnahmen eingeleitet werden, wenn im Unternehmen Daten mit Großbritannien ausgetauscht werden. Allerdings sollte das Bewusstsein geschaffen werden, dass das Land zukünftig als Drittstaat gelten kann, um im Zweifelsfall rasch auf die veränderte Situation reagieren zu können.
Laura Piater
Justiziarin
Consultant für Datenschutz
Empfehlung der Europäischen Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich
Am 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) ausgetreten. Das Austrittsabkommen ist zum 1. Februar 2020 in Kraft getreten und sieht einen Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2020 vor, in dem das EU-Recht für das Vereinigte Königreich weiterhin mindestens gilt.
Am 3. Februar 2020 hat nun die Europäische Kommission den ersten Schritt zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich unternommen und dem Rat eine Empfehlung vorgelegt. Darin wird auch die große Bedeutung des Datenschutzes hervorgehoben. Die Kommission betont, dass die geplante Partnerschaft angesichts der Bedeutung des Datenflusses eine Verpflichtung zu einem hohen Niveau des Schutzes personenbezogener Daten gewährleisten muss. Außerdem sei es wichtig, dass die Vorschriften der Union über den Schutz personenbezogener Daten uneingeschränkt respektiert werden – ebenso wie die Entscheidungsprozesse der Union in Bezug auf Angemessenheitsentscheidungen. Eine solche Angemessenheitsentscheidung wird erforderlich, da das Vereinigte Königreich aus datenschutzrechtlicher Sicht nach dem Übergangszeitraum zu einem Drittstaat wird. Mit dem Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission – sofern die Bedingungen dafür erfüllt sind – wird das Vereinigte Königreich als ein Drittland mit angemessenem Schutzniveau eingestuft.
Ein solcher Angemessenheitsbeschluss sollte auch die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch, insbesondere im Bereich der Strafverfolgung und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ermöglichen.
Darüber hinaus sollte die Partnerschaft nach der Empfehlung der Kommission im Zusammenhang mit der Digitalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs für den Schutz der Verbraucher im Internet sorgen, einschließlich des Schutzes vor unerbetener Direktmarketingkommunikation.
Julia Eisenacher
Juristin (Univ.)
Consultant für Datenschutz
Welche Bedeutung hat es für die Übertragung von Daten, wenn Großbritannien zum 31.01.2020 die Europäische Union verlassen wird?
Zunächst bleibt alles beim Alten. Bis zum 31.12.2020 wird Großbritannien so behandelt, als gehöre es noch zur EU. Diese sogenannte Übergangsphase dient dazu, das zukünftige Verhältnis zwischen den Partnern zu regeln. Zwar hat die EU Großbritannien die theoretische Möglichkeit einer Verlängerung der Übergangsphase um ein oder zwei Jahre bis maximal Ende 2022 eingeräumt. Diese Möglichkeit wurde allerdings durch das im britischen Unterhaus beschlossene Gesetz ausgeschlossen.
Ob und wie die endgültigen Regelungen getroffen werden, dürfte in den nächsten Monaten Gegenstand weiterer intensiver Verhandlungen sein. Die von der EU gewährte Verlängerungsoption muss bis Ende Juni 2020 durch Großbritannien in Anspruch genommen werden, ansonsten haben wir Ende 2020 dann doch eine ungeregelte Rechtslage. Andererseits wurden den Briten seitens der EU immer wieder Verlängerungen gewährt, so dass auch diesbezüglich noch alle Fragen offen sind. Es dürfte im Interesse von Großbritannien liegen, die Verhandlungen zügig zu führen, denn im Übergangszeitraum muss das Land weiterhin Beiträge zur EU zahlen, ohne jedoch ein Mitspracherecht zu haben.
Nach Ablauf des Übergangszeitraums ist Großbritannien dann aus datenschutzrechtlicher Sicht ein Drittstaat, für den die besonderen Regelungen der Art. 44 bis 49 DSGVO gelten. Um weiterhin unproblematisch den Datenaustausch zwischen den Partnern zu gewährleisten wäre es wünschenswert, wenn Großbritannien ebenso als „Drittland mit angemessenem Schutzniveau“ eingestuft würde wie etwa die Schweiz. Bis zum Ende der Übergangsfrist sollte die EU-Kommission über einen Angemessenheitsbeschluss gem. Art. 45 DSGVO entscheiden
Allerdings kann eine entsprechende Einschätzung durch die Kommission natürlich erst dann erfolgen, wenn bekannt wird, welche eigenen Datenschutzgesetze Großbritannien sich selbst geben wird, womit der erste Schritt wieder einmal durch die Briten gemacht werden muss.
Wir werden Sie weiter auf dem Laufenden halten.
C. Lürmann
Rechtsanwältin
Consultant für Datenschutz
Einleitung
Wer international agiert, muss beim Transfer der Daten besondere Vorkehrungen gem. Art. 44 ff. DSGVO beachten. Die Kommission unterstützt die Unternehmen hierbei: Bestimmte Länder dürfen sich mit einem sog. Angemessenheitsbeschluss schmücken, d.h. der Transfer in diese Länder wird ebenso behandelt, wie wenn die Daten innerhalb der Union ausgetauscht werden.
Aus aktuellem Anlass wollen wir auf drei Länder besonders verweisen.
Japan
Die Europäische Kommission hat einen neuen Angemessenheitsbeschluss erlassen, wonach Japan ein angemessenes Datenschutzniveau bescheinigt wird. Aufgrund eines neuen Abkommens wurden in Japan zusätzliche Garantien eingeführt, die nun gewährleisten, dass sämtliche personenbezogene Daten einem Schutz unterliegen, der den europäischen Standards entspricht. Ein Datentransfer nach Japan ist nunmehr ohne weitere zusätzliche vertragliche Absicherung hinsichtlich der Datenübermittlung in Drittstaaten möglich.
Groß-Britannien
Ganz anders sieht es mit Groß-Britannien und dem bevorstehenden Brexit aus. Ein No-Deal-Brexit würde auch für den Datenschutz einen „no-Deal“ bedeuten, mit der Konsequenz, dass der Datentransfer ins Königreich nicht mehr ohne zusätzliche Absicherung möglich wäre. Da nicht damit zu rechnen ist, dass die Kommission im Falle eines No-Deal-Brexits umgehend einen entsprechenden Angemessenheitsbeschluss erlässt, sollten sich die Unternehmen vorsorglich darauf einstellen, mit ihren Vertragspartnern sicherheitshalber einen Vertrag aufgrund der Standardvertragsklauseln abzuschließen. Ansonsten wäre eine Datenübermittlung nach Groß-Britannien unrechtmäßig.
Schweiz
Unklar ist derzeit noch, wie es hinsichtlich des Schweizer Datenschutzrechts aussieht. Zwar existiert (noch) ein Angemessenheitsbeschluss der Kommission. Allerdings bleiben die Schweizer Regelungen in vielen Fällen noch hinter den Regelungen der EU zurück. Die entsprechend geplante Änderung des DSG (Datenschutzgesetz Schweiz) lassen derweil jedoch noch auf sich warten. Wenn die Schweizer Gesetzgebung sich nicht beeilt, droht der Widerruf des Angemessenheitsbeschlusses der Kommission mit der Folge, dass auch hinsichtlich des Datentransfers mit Schweizer Unternehmen die Standard-Vertragsklauseln abzuschließen wären, um einen rechtswidrigen Datentransfer zu vermeiden.
Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Céline Lürmann
Rechtsanwältin
Consultant für Datenschutz
Die Übermittlung personenbezogener Daten aus Europa in die USA ist in Zeiten von Cloud-Diensten und internationalen Unternehmen ein wichtiges Thema.
Gemäß dem Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1250 der Europäischen Kommission vom 12.07.2016 bieten US-Unternehmen, die eine Privacy Shield-Zertifizierung besitzen, ein angemessenes Datenschutzniveau. Eine Übermittlung personenbezogener Daten ist dann gemäß Art. 45 DSGVO zulässig. Diese Zertifizierung muss erst durch die Unternehmen erworben werden, somit ist nicht jedes Unternehmen aus den USA zwingend auch nach den Richtlinien des Privacy-Shields zertifiziert.
Unter dem folgenden Link kann geprüft werden, ob das US-Unternehmen, dem man Daten übermitteln möchte, eine Privacy-Shield-Zertifizierung aufweist: https://www.privacyshield.gov/list.
Aufgrund der Abreden zum EU-US Privacy Shield müssen diese US-Unternehmen den betroffenen Personen verschiedene Rechte einräumen, welche dann direkt gegenüber den zertifizierten Unternehmen geltend gemacht werden können.
Bei vermuteten Datenschutzverstößen kann man sich auch an die nationalen Aufsichtsbehörden wenden. Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat hierzu ein Beschwerdeformular veröffentlich, welches mit den anderen europäischen Datenschutzbehörden abgestimmt wurde. Auch die Aufsichtsbehörden von Bayern, NRW und Baden-Württemberg haben ebenfalls entsprechende Formulare veröffentlicht. Dieses gilt allerdings nur für Beschwerden gegenüber privaten Unternehmen. Sollte eine betroffene Person befürchten, dass auf ihre personenbezogenen Daten durch US-amerikanische Sicherheitsbehörden oder Nachrichtendienste zugegriffen wurde, kann auch dies einer Prüfung unterzogen werden. Für ein solches Vorgehen steht ein separates Formular zur Verfügung. Entsprechende Fälle werden dann durch eine Ombudsperson des US-Außenministeriums bearbeitet.
Die entsprechenden Formulare sind u.a. auf der Internetseite der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unter https://datenschutz-berlin.de/content/eu-us-privacy-shield-informationen-und-beschwerdemoeglichkeiten abrufbar.
Lisa Benjowski
Informationsjuristin (LL.B.), Consultant für Datenschutz