Reaktion von Microsoft auf die Empfehlungen des Europäischen Datenschutzausschusses in Folge des „Schrems II“-Urteils des EuGH
Seit der EuGH in seinem „Schrems II"-Urteil das „Privacy Shield“ zwischen der EU und den USA gekippt hat, kann eine Datenübermittlung in die USA nicht mehr hierauf gestützt werden. Wir haben hierüber bereits berichtet (siehe Blog-Beitrag "EU-US-Datenschutzvereinbarung „Privacy Shield“ ungültig").
Einzig praktikable Möglichkeit zur Absicherung der Datenübermittlung in die USA ist derzeit der Abschluss der EU-Standardvertragsklauseln mit dem Datenimporteur. Allerdings müssen hierbei zusätzlich weitere Maßnahmen ergriffen werden, um ein Datenschutzniveau, das dem innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums entspricht, sicherzustellen. In diesem Zusammenhang hat der Europäische Datenschutzausschuss am 11.11.2020 Empfehlungen für Transfer- und Überwachungsmaßnahmen im Rahmen des internationalen Datentransfers ausgesprochen.
Als Reaktion auf diese Empfehlungen hat Microsoft in einem Anhang zu den Standardvertragsklauseln („Additional Safeguards Addendum to Standard Contractual Clauses“ – abrufbar unter https://aka.ms/defendingyourdataterms) neue Datenschutzmaßnahmen festgelegt, die neben den bereits implementierten Maßnahmen zum Einsatz kommen sollen und nach Angaben von Microsoft die Empfehlungen des Europäischen Datenschutzausschusses sogar übersteigen:
- Microsoft verpflichtet sich dazu, jede Anfrage einer staatlichen Stelle nach Daten seiner Kunden anzufechten, wenn es dafür eine rechtliche Grundlage gibt.
- Microsoft gewährt Nutzern seiner Kunden, deren Daten aufgrund einer Anfrage einer staatlichen Stelle unter Verletzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) von Microsoft offengelegt werden mussten, eine finanzielle Entschädigung.
Geltung nur für Unternehmenskunden und Kunden aus dem öffentlichen Sektor
Zu beachten ist, dass die neuen Maßnahmen nur für Unternehmenskunden und Kunden aus dem öffentlichen Sektor gelten sollen. Privatkunden sind demnach hiervon nicht erfasst.
Zumindest teilweise positive Rezeption durch die Aufsichtsbehörden
Zwar wird durch die neuen Datenschutzmaßnahmen von Microsoft die bei der Datenübermittlung in die USA problematische Möglichkeit des Zugriffs von amerikanischen Behörden auf personenbezogene Daten nicht verhindert. Dennoch werden sie zumindest von den bayerischen, baden-württembergischen und hessischen Aufsichtsbehörden honoriert, die die Bereitschaft von Microsoft, europäische Datenschutzstandards einzuhalten, und die dahingehende Anpassung der Verträge begrüßen.
Fazit
Da die neuen Maßnahmen von Microsoft zwar einen Schritt in die richtige Richtung darstellen, jedoch letztlich die Problematik des Drittlandtransfers nicht abschließend lösen, sind Unternehmen gut damit beraten, die sich bei der Verwendung von Microsoft-Produkten ergebenden Risiken im Rahmen einer Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) abzuwägen.
Bettina Förster
Consultant für Datenschutz
Situation nach Schrems II-Urteil des EuGH
Nach dem Schrems II- Urteil des EuGH vom 16. Juli 2020, Rechtssache C-311/18, ist es gängige Praxis geworden, dass Unternehmen EU-Standarddatenschutzklauseln abgeschlossen haben, um einen Datentransfer in einen Drittstaat entsprechend abzusichern. Doch auch dieses Vorgehen verursachte bisher Unsicherheiten bei den Unternehmen, da nicht klar war, ob und welche zusätzlichen Maßnahmen getroffen werden müssen, um das gleiche Datenschutzniveau wie in den EU-Mitgliedsstaaten gewährleisten zu können.
Empfehlungen des European Data Protection Board (EDPB)
Am 11.11.2020 hat das EDBP hierauf reagiert und Empfehlungen für Transfer- und Überwachungsmaßnahmen im Rahmen des internationalen Datentransfers veröffentlicht.
Um herauszufinden, ob Datenexporteure zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen, um einen sicheren Datentransfer in Drittstaaten zu gewährleisten, soll gemäß EDPB wie folgt vorgegangen werden :
-
Welche Datenübermittlungen in Drittstaaten liegen im Unternehmen vor?
Beispiel: Archivierung von personenbezogenen Daten auf Servern eines Dienstleisters mit Sitz in einem Drittstaat. -
Auf welche Garantie stützt sich das Unternehmen bei der Datenübertragung gem. Art. 46 DSGVO?
Beispiel: SCC oder Binding Corporate Rules. -
Beurteilung des eingesetzten Übertragungsinstruments unter Berücksichtigung aller Umstände der Datenübertragung auf seine Wirksamkeit hin.
Beispiel: Im Rahmen des Schrems II Urteils des EuGH wurde festgestellt, dass die Zugriffsrechte der Behörden unter Abschnitt 702 der US-FISA nicht auf das notwendige beschränkt sind und damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz der DSGVO widersprechen. -
Festlegung zusätzlicher Maßnahmen (technische, organisatorische oder vertragliche Maßnahmen).
Beispiel: Pseudonymisierung oder Verschlüsselung der übertragenen personenbezogenen Daten. -
Weitere Verfahrensschritte für die zusätzlich festgelegten Maßnahmen.
Beispiel: Zusätzliche vertragliche Vereinbarungen zur Umsetzung der zusätzlich festgelegten Sicherheitsvorkehrungen müssen getroffen werden (Bsp. Aufbewahrung des Entschlüsselungscodes), welche den SCC nicht entgegen stehen dürfen und das Schutzniveau der DSGVO einhalten. -
Überwachung und Bewertung des Datentransfers in regelmäßigen Abständen.
Beispiel: Es ist wurde ein Prozess implementiert, der die Datenübertragung in das Drittland stoppt, sobald Änderungen in der Gesetzgebung des Drittlandes dazu führen, dass die festgelegten Sicherheitsmaßnahmen zur Datenübertragung nicht mehr ausreichend sind.
Im Whitepaper des EDPB wird nach wie vor festgehalten, dass Unternehmen selbst für die Datensicherheit verantwortlich sind und nicht jede Datenverarbeitung in einem Drittstaat entsprechend abgesichert werden kann.
Entwurf für neue Standarddatenschutzklauseln (SCC) der Europäischen Kommission
Auch die Europäische Kommission hat am 13.11.2020 auf das Schrems II-Urteil reagiert und einen Entwurf über neue SCC veröffentlicht.
Die nachfolgenden Regelungen sind nun explizit in dem Entwurf der neuen SCC enthalten:
- Die Einhaltung der SCC soll nicht durch die Rechtslage des Bestimmungslandes vereitelt werden
- Die Informationspflicht gegenüber der betroffenen Personen bei Anfragen von Behörden besteht weiterhin.
- Es werden Rechtsmittel zur Anfechtung der Entscheidung eingelegt, sofern betroffene Personen bei behördlichen Maßnahmen nicht benachrichtigt werden dürfen.
Derzeit befinden sich die neuen Klauseln noch in der öffentlichen Konsultation und sind noch nicht von der Europäischen Kommission angenommen worden.
Fazit
Unternehmen sind gut damit beraten, die weiteren Entwicklungen hinsichtlich SCC und dem internationalen Datentransfer im Auge zu behalten. Es sollten entsprechende Prozesse für den internationalen Datentransfer im Unternehmen implementiert werden, welche sich an den Vorgaben des EDPB orientieren.
Laura Piater
Justiziarin
Consultant für Datenschutz
Schrems II Urteil des EuGH
Nachdem der EuGH mit seinem Urteil vom 16. Juli 2020, Rechtssache C-311/18 — „Schrems II“ den EU – U.S. Privacy Shield für unwirksam erklärt hat, genügt die Teilnahme am U.S. Privacy Shield nicht mehr, um innerhalb der EU als datenschutzkonform zu gelten.
Schweizer Bundesbeauftragte für Datenschutz und Information (FDPIC) prüft Swiss- U.S. Privacy Shield
Zwar ist die Schweiz nicht Mitglied der EU und daher nicht an das Urteil des EuGH gebunden. Dennoch wurde der Swiss- U.S. Privacy Shield nun vor dem Hintergrund des EuGH Urteils neu bewertet. In seinem Positionspapier vom 08.09.2020 kommt der Schweizer Bundesbeauftragte für Datenschutz und Information (FDPIC) zu dem Schluss, dass auch der Swiss- U.S. Privacy Shield kein angemessenes Sicherheitsniveau für den Datenaustausch zwischen der Schweiz und der USA bietet.
Einschätzung desSchweizer Bundesbeauftragte für Datenschutz und Information (FDPIC)
Seit dem 11.01.2017 gilt die USA bei der Schweiz als Land mit „angemessenem Schutzniveau unter bestimmten Umständen“. Das bedeutet, dass Datentransfers bzgl. personenbezogener Daten zwischen der Schweiz und U.S. Unternehmen, welche sich für den Swiss- U.S. Privacy Shield zertifizieren haben lassen, als geschützt gelten.
Doch auch der Schweizer Bundesbeauftragte für Datenschutz und Information (FDPIC) bemängelt in dem Positionspapier vom 08.09.2020 unter anderem den Zugriff auf personenbezogene Daten durch die U.S. Behörden. Betroffene Personen aus der Schweiz haben demnach keine ausreichend durchsetzbaren Rechte in den USA. Dies gilt umso mehr, nachdem die Wirksamkeit des Ombudsmann- Prinzips, welches einen Rechtbehelf innerhalb der USA zusichern soll, mangels Transparenz nicht eingeschätzt werden kann. Zudem fehlen hinreichende Garantien der USA hinsichtlich der Beschränkung des Zugriffsrechts der U.S. Behörden auf personenbezogene Daten. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Information (FDPIC) erklärt im Positionspapier weiter, dass ein solcher Eingriff durch U.S. Behörden in die Privatsphäre und die informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen in der Schweiz vor diesem Hintergrund gegen die Grundsätze der rechtmäßigen Bearbeitung von personenbezogener Daten im Sinne des Schweizer Datenschutzgesetzes verstößt.
Hat die Einschätzung desSchweizer Bundesbeauftragte für Datenschutz und Information (FDPIC) Auswirkungen auf den Swiss- U.S. Privacy Shield?
Die Einschätzung des Schweizer Bundesbeauftragte für Datenschutz und Information (FDPIC) hat keinen direkten Einfluss auf die Anwendung des Swiss- U.S. Privacy Shield. Derzeit gibt es hierzu auch noch keine Rechtsprechung der Schweizer Gerichte. Es bleibt daher ungewiss, ob ein Zugriff der U.S. Behören auf personenbezogene Daten beim internationalen Datentransfers mit dem Schweizer Datenschutzgesetz konform ist.
Fazit
Zwar wurden im Positionspapier vom 08.09.2020 bereits Handlungsstrategien für betroffene Unternehmen veröffentlicht, wie zum Beispiel die Benutzung der EU Standarddatenschutzklauseln. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine Empfehlung und keine zwingend einzuhaltende Vorgabe.
Letztlich können sich Schweizer und U.S. Unternehmen daher derzeit noch weiterhin auf den Swiss- U.S. Privacy Shield berufen.
Laura Piater
Justiziarin
Consultant für Datenschutz