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DSGVO und § 3a UWG oder Was hat Datenschutz mit Wettbewerbsrecht zu tun?

Herr Penibel kauft drei Schalen mit Erdbeeren aus dem Supermarkt, die angeblich alle 500 g. Erdbeeren enthalten sollen. Zu Hause wiegt er die Schalen nach. Siehe da: Eine Schale wiegt 480 g., die zweite 475 g. und die dritte gar nur 460 g. Herr Penibel ist sauer und möchte gegen den Supermarkt vorgehen. Er fühlt sich getäuscht und in die Irre geführt. Er lässt den Supermarkt abmahnen, verlangt von ihm neben der Erstattung der Anwaltsgebühren auch noch eine Verpflichtung, für jeden künftigen Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 5000 Euro an ihn zu zahlen.

Szenenwechsel:

Herr Abmahnus betreibt ein kleines Lohnbüro und hat eine eigene Homepage. Er findet auf den Webseiten der Konkurrenz Datenschutzerklärungen, die den Vorgaben der DSGVO nicht entsprechen. Er vermutet, dass dadurch seine Kunden getäuscht und in die Irre geführt werden und seine eigenen Geschäfte daher schlecht laufen. Er lässt den Wettbewerber abmahnen, verlangt von ihm neben der Erstattung der Anwaltsgebühren auch noch eine Verpflichtung, für jeden künftigen Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 5000 Euro an ihn zu zahlen.

Die beiden geschilderten Szenen sind nicht vergleichbar? Doch!

Bereits in unserem Blog-Artikel vom Mai haben wir darauf hingewiesen, dass wir bezweifeln, dass es sich bei den Vorschriften der DSGVO um Normen mit wettbewerbsrechtlichem Charakter gem. § 3a UWG (Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb) handelt.

Prof. Dr. Köhler hat nun in seinem Aufsatz der neuen Zeitschrift für Datenschutz (ZD 2018, 337f.) ausführlich dargelegt, dass seines Erachtens ein solcher Zusammenhang nicht besteht. Er weist zum einen darauf hin, dass § 3a UWG dann nicht anzuwenden sei, wenn für einen Sachverhalt eine abschließende Regelung getroffen wurde. Eine solche abschließende Regelung im Rahmen der DSGVO sei durch die Art. 77 ff. DSGVO geschaffen worden. Die in Art. 80 Abs. 2 DSGVO aufgezählten Institutionen seien abschließend durch den Gesetzgeber berechtigt worden, eine Beschwerde einzulegen, wenn die Rechte einer betroffenen Person infolge einer Datenverarbeitung nach DSGVO verletzt worden seien. Weitere Berechtigte – also konkret: „Mitbewerber“ – seien nicht vorgesehen und diese seien auch nicht durch Auslegung oder Analogien zu der Vorschrift mit umfasst.

Zum anderen stellt Prof. Dr. Köhler heraus, dass die Schutzzweckbestimmungen der beiden Vorschriften deutlich voneinander abweichen. Während das UWG die Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Praktiken schützen soll (vergl. § 1 UWG) ist der Schutzzweck der DSGVO die Wahrung Grundrechte und Grundfreiheiten der natürlichen Personen, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (vergl. Art. 1 DSGVO). Damit schützt die DSGVO die Individualrechte der Einzelnen und wird hierbei durch die Aufsichtsbehörden unterstützt, während der Wettbewerber in der Regel zur Durchsetzung seiner Ansprüche auf private Initiative angewiesen ist. Demnach gehen sowohl Herr Penibel als auch Herr Abmahnus aus unseren obigen Beispielen leer aus. Herr Penibel kann seinen Anspruch nicht auf die Vorschriften des Wettbewerbsrechts stützen, da er kein Wettbewerber ist. Herr Abmahnus kann sich nicht auf die Vorschriften der DSGVO stützen, da diese keine wettbewerbsrechtliche Wirkung entfalten. Selbstverständlich bleibt es Herrn Abmahnus unbenommen, bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde einzulegen, etwa weil seine personenbezogenen Daten nicht korrekt verarbeitet wurden. Die Erstattung von Abmahngebühren und eine Vertragsstrafe erhält er jedoch nicht.

Eben so wenig wie einzelne Verbraucher sich also bei Wettbewerbsverstößen auf § 3a UWG berufen können, können Dritte als Wettbewerber bei Datenschutzverletzungen gegenüber Betroffenen die fehlende Umsetzung der DSGVO abmahnen.

Konsequenterweise empfiehlt Prof. Dr. Köhler den deutschen Gerichten, in Fällen von Abmahnungen der Webseiten durch Wettbewerber bei der Prüfung der Zulässigkeit, nämlich der Klagebefugnis, den Klägern eine Absage zu erteilen und die Klage bereits aus diesem Grund abzuweisen.

Wir hoffen sehr, dass die Gerichte dieser Aufforderung nachkommen werden.

C. Lürmann

Rechtsanwältin

Consultant Datenschutz

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