skip to Main Content

BGH: „Inbox-Advertising“ nur mit Einwilligung des Postfach-Inhabers zulässig

Die Europäische Kommission hat am 23.02.2022 einen Entwurf für den EU-Data Act-E veröffentlicht. In diesem Entwurf geht es im Gegensatz zur DSGVO um Daten, die keinen Personenbezug haben. Der Vorschlag soll zu einer Harmonisierung der Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung führen. Damit soll eine nachhaltige Datenwirtschaft in Europa gewährleistet werden und das volle Potenzial des digitalen Wandels ausgeschöpft werden. Diese Überlegungen sind aus der exponentiell zunehmenden Datenflut entstanden, die sich über die letzten Jahre hinweg entwickelt hat. Die durch Menschen und Maschinen erzeugten Daten werden wirtschaftlich immer bedeutsamer. Aus diesem Grund ist es längst überfällig, Regelungen darüber zu treffen, wer wie mit welchen Daten umIn seinem Urteil vom 13.01.2022 (I ZR 25/19), welches nun veröffentlicht wurde, nimmt der Bundesgerichtshof (BGH) Stellung zum sogenannten Inbox Advertising und stellt klar: „ohne die ausdrückliche Zustimmung des Users ist diese wettbewerbswidrig“..

Inbox Advertising

Beim Inbox Advertising werden in E-Mail-Postfächern zwischen den regulär eingegangenen E-Mails Werbebanner eingeblendet. Aufgrund ihrer Platzierung im Posteingang und ihrer Aufmachung lassen sich diese in der Regel nur schwer von regulären E-Mails unterscheiden. 

Derartiges Inbox Advertising dürfte den meisten Nutzer*innen kostenfreier E-Mail-Dienste bekannt sein. Schließlich finanzieren sich die Anbieter kostenfreier E-Mail-Dienste fast ausschließlich über das Einblenden von Werbeanzeigen. Und hier wird neben Bannern und Popups eben auch immer häufiger das Inbox Advertising eingesetzt. Als Beispiel können die kostenfreien Dienste von web.de, T-Online oder gmx.net genannt werden, die regelmäßig derartiges Inbox-Advertising betreiben.

Für viele Nutzer*innen stellt das Inbox Advertising im Vergleich zu Banner- oder Popup-Werbung jedoch eine deutlich größere Belästigung dar. Anders als Banner oder Popups erscheint die Werbung nämlich nicht am Rand oder in einem eigenen Fenster, sondern die Werbeanzeigen sind optisch kaum von normalen E-Mails zu unterscheiden und so kommen derartige Werbe-E-Mails unerwünschten Spam-Nachrichten gleich, die die Nutzer*innen dazu zwingt, besondere Vorsicht walten zu lassen.

Die Vorschriften über unlauteren Wettbewerb

Im konkreten Fall wurden nun im Auftrag eines Energieversorgers über eine Werbeagentur Werbe-E-Mails mit dem Hinweis „Anzeige“ in die Posteingangsorder von Nutzer*innen des kostenlosen E-Mail-Dienstes T-Online gesendet. Die versendeten Mails waren optisch von der Liste der anderen E-Mails im Postfach nur durch die zusätzliche Angabe „Anzeige“, das Fehlen von Datum und Absender sowie einem hellgrauen Hintergrund zu unterscheiden. Der Betreff der E-Mails enthielt Produktwerbung für Strom- und Gasprodukte.

Nach Ansicht der Klägerin, einer Wettbewerberin der Beklagten, unterliegt diese Werbemaßnahme den Vorschriften über unlauteren Wettbewerb (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG) und wäre damit nur zulässig, wenn die Adressaten dieser Werbepraxis hierzu im Vorfeld ausdrücklich ihre Einwilligung erklärt hätten.

Eine solche ausdrückliche vorherige Einwilligung in den Erhalt von Inbox Advertising ist auch aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erforderlich. In seiner Stellungnahme stuft der EuGH das Inbox Advertising aufgrund der konkreten Gestaltung und Verbreitung als elektronische Post zum Zwecke der Direktwerbung ein, welche dazu geeignet ist, die Privatsphäre der Nutz*innen durch unerwünschte Direktwerbung zu verletzen.

Urteil des BGH

In seinem nun veröffentlichten Urteil stellt der BGH fest: „Eine wirksame Einwilligung in eine Inbox-Werbung, die eine Werbung unter Verwendung elektronischer Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG darstellt, liegt nicht vor, wenn der Nutzer, der eine unentgeltliche, durch Werbung finanzierte Variante eines E-Mail-Dienstes gewählt hat, sich allgemein damit einverstanden erklärt, Werbeeinblendungen zu erhalten, um kein Entgelt für die Nutzung des E-Mail-Dienstes zahlen zu müssen. Erforderlich ist vielmehr, dass der betroffene Nutzer vor einer Einwilligungserklärung klar und präzise über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung und insbesondere darüber informiert wird, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden.“

Fazit

Mit dem Urteil des BGH und der Stellungnahme des EuGH wird klargestellt, dass eine Einwilligung zum Erhalt von Werbung nicht für alle Arten der Werbung pauschal erteilt werden kann. Anbieter entsprechender Werbedienstleistungen, insbesondere jene die das Inbox Advertising betreiben, dürften nun vor einer Herausforderung stehen. Bestehende „Einwilligungen“ werden angesichts dieser Rechtsprechung vielfach unbrauchbar sein, sodass, wenn das Inbox Advertising fortgesetzt werden soll, neue, wirksame Einwilligungen eingeholt werden müssten. 

Mark Himmelseher
Werkstudent
Berater für Datenschutz

Back To Top